Geschichte
Die SG Germania Wiesbaden ist ein 1903 gegründeter Fußballverein aus der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden. Der Verein, der in der Waldstraße im westlichen Teil der Kernstadt zuhause ist, stand zwar von Beginn an stets im Schatten des lokalen Konkurrenten SV Wiesbaden, etablierte sich aber über viele Jahrzehnte hinweg als Nummer Zwei im Wiesbadener Fußball. Die erfolgreichste Zeit der Germania waren die zehn Jahre zwischen 1963 und 1973, als man sich nicht nur in der hessischen Amateurliga bewähren konnte, sondern 1966/67 ein einjähriges Gastspiel in der Regionalliga Süd, der seinerzeit zweithöchsten Spielstufe in Deutschland, gab. In den 1970er Jahren fiel der Verein in die unteren Klassen zurück.
Der Verein entstand im September 1903 unter dem Namen FC Germania als Vereinigung der beiden Straßenfußballvereine FC Deutschland und FC Columbia. Schon vier Jahre nach der Gründung war dem Club erstmals der Aufstieg in die höchste Spielstufe, der Nordkreisliga des Süddeutschen Fußballverbandes gelungen, wo man sich aber nur ein Jahr halten konnte. Nach dem Ersten Weltkrieg vereinte sich die Germania mit dem Wiesbadener Fußballverein zum FV Germania, errang 1919/20 die Rheinkreismeisterschaft und damit die Qualifikation zur als neue höchste Spielklasse gegründeten Kreisliga Nordmain. Die „Waldsträßler“ verdrängten damit sogar kurzzeitig den Lokalrivalen SV Wiesbaden als Nummer Eins der Stadt, im Verlauf der 1920er Jahre rutschten die Germanen jedoch wieder in die Zweitklassigkeit ab. Überhaupt steckte der Fußball in der durch die Besatzungszeit gekennzeichneten Stadt in der Krise. Eine Liaison mit dem SVW, die 1930 zustande kam, hatte vier Jahre später die Abspaltung und Neugründung als SC Waldstraße Wiesbaden zur Folge, der in den darauf folgenden Jahren so erfolgreich war, dass er 1939/40 kurz vor dem Sprung in die damals höchste Spielklasse, die Gauliga Hessen, stand.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und der damit verbundenen Auflösung der Sportvereine wurde noch im Jahr 1945 der Verein als SC Germania Wiesbaden neu gegründet, ab 1949 trat man dann unter dem heutigen Namen SG Germania an. Im selben Jahr wurde auch das neue Vereinsheim eröffnet. 1951 stieg die Mannschaft als Meister der Bezirksklasse Wiesbaden in die 2. Amateurliga auf, und zwei weitere Jahre später, 1953, zog man unter Trainer Bernhard Kellerhoff erstmals in die 1. Amateurliga Hessen ein. Ein weiterer Höhepunkt des Aufstiegsjahres war ein Freundschaftsspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern, das 13.500 Zuschauer auf das Gelände an der Waldstraße lockte.
Freundschaftsspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern (1:12)
SG Germania – FV Biebrich 02 (1960 – 1965). Jürgen Grabowski ist hier mit der Rückennumer 8 zu sehen, der damals bei Biebrich 02 spielte und dann zu Eintracht Frankfurt wechselte.
Erfolgsgarant der Schwarz-Weißen war in dieser Zeit der sogenannte „Kanonensturm“, bestehend aus Willi und Wolfgang Elze, Bruno Müller, Werner Schreiber und Ludwig Lakatos. Bereits im Jahr nach dem Aufstieg erreichte die Germania einen sechsten Rang und zwei Jahre später, 1955/56, lieferte man sich unter Trainer „Teddy“ Debus mit der Spvgg. 03 Neu-Isenburg ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen um die Meisterschaft, das schließlich durch ein 2:3 im direkten Aufeinandertreffen verloren ging.
Danach folgten einige Jahre als Fahrstuhlmannschaft zwischen 1. und 2. Amateurliga, bis die Germania Anfang der 1960er Jahre unter Trainer Eugen Csákány wieder zu alter Stärke zurückfand. 1961/62 wieder ins hessische Oberhaus aufgestiegen, traf die Mannschaft erstmals seit 40 Jahren wieder auf den Lokalrivalen SV Wiesbaden und feierte mit einem 4:0 einen fulminanten Sieg. Durch umsichtige Vereinsführung und intensive Nachwuchsarbeit stellten sich bald weitere Erfolge ein.
6000 Zuschauer in der Waldstrasse
6000 Zuschauer sahen am 14. November 1964 auf dem Sportplatz Waldstraße das mit Spannung erwartete Spiel zwischen der SG Germania Wiesbaden und dem SC Opel Rüsselsheim. In dem auf technisch hoher Stufe stehenden Spiel unterlag unsere Mannschaft knapp mit 0:1 Toren. Rechtes Bild: Abgekämpft und schmutzverschmiert verläßt unser Außenläufer Bernhard Juny nach dem Spiel SG Germania Wiesbaden – SC Opel Rüsselsheim das Spielfeld.
Hessenpokalsieger 1964/65
1965 gewann die Germania durch ein 5:3 über den 1. FC Langen den Hessenpokal, und in der anschließenden ersten Runde des süddeutschen Pokalwettbewerbes scheiterte sie nur knapp mit 1:2 am FSV Frankfurt.
Obere Reihe v. l.: Manfred Fritz, Jürgen Janitz, Herbert Kautzmann, Wolfgang Jung, Reinhardt Maier, Otto Tempel // Mittlere Reihe v. l.: Klaus Dankelmann, Karl-Heinz Ohler, Walter Zeitler // Untere Reihe v. l.: Toni Ernst, Adolf Boehnel, Bernhard Jani
Die darauf folgende Saison 1965/66 wurde zur erfolgreichsten der Vereinsgeschichte: Mit 93 Toren durch den Paradesturm um Jupp Schmitz, Jürgen Janitz, Reichard Meier, Kurt Steinbrenner und Herbert Kautzmann und großem Abstand vor dem Rest des Feldes – Vizemeister SG Westend Frankfurt wurde mit 8:1 geschlagen, Lokalrivale SVW vor 7000 Zuschauern an der Waldstraße mit einem 6:1 nach Hause geschickt – wurde die Germania unter Trainer Otto Tempel Hessenmeister und stieg in die Regionalliga Süd auf. In der damals unter der Bundesliga zweithöchsten Spielstufe musste man die Heimspiele der Runde 1966/67 allerdings im Stadion an der Berliner Straße austragen, da der Rotgrantplatz an der Waldstraße nicht regionalligatauglich war. Mit dem neuen Trainer Hans Schwerdhöfer und verstärkt um den jugoslawischen B-Nationaltorhüter Branko Crnkovic, Ernst-Dieter Schermuly (Borussia Fulda) und Emil März (SC Weismain) startete die Germania mit einem 2:0 über Schweinfurt 05 und einem 1:1 beim VfR Mannheim zwar verheißungsvoll in die Saison, nach einem 2:4 gegen die Offenbacher Kickers vor 12.000 Zuschauern ging es allerdings bergab. Die Schwarz-Weißen rutschten in den Tabellenkeller und stiegen nach einem 0:6 gegen die SpVgg Fürth im letzten Zweitligaheimspiel vor nur noch 1500 Anhängern schließlich als 17. und Vorletzter ab.
Zurück im Amateurlager folgte nach zwei Jahren in der Hessenliga 1969 ein erneuter Abstieg in die Gruppenliga. Die Germania stieg zwar im Jahr darauf wieder in die Amateurliga auf, und die Mannschaft von Spielertrainer Fahrudin Jusufi weckte noch einmal Aufbruchsstimmung an der Waldstraße, doch schon 1973 verabschiedeten sich die Schwarz-Weißen endgültig von der überregionalen Fußballbühne.
Mannschaft der Saison 1978/1979 Bezirksliga
Obere Reihe v. l.: Steffen Lux, Günter Becker, Andy Lux, Frank Eichert, Arno Kimpel, Berns Schöninger, Herbert Hüthwohl, Detlef Kettenbach // Mittlere Reihe v. l.: Karl Grottker (Koffer Karl), Sigi Gudert, Vater von Frank Eichert, Hartmut Freudenberg (Spielertrainer), Jürgen Hartwich, Michael Heise, Conny Rudhoff, Werner Roller (Abteilungsleiter) // Untere Reihe v. l.: Michael Ulmrich, Puma Wolfgang Gudert, Siggi Schiel, Edgar Knapschinski, Antonio Garcia Usero, Tasso Ntatis
Abgesehen von einem fünfjahrigen Gastspiel in der Landesliga (1983–1988) spielt die SG Germania Wiesbaden seither in den unteren Fußballklassen der Region, sogar leider zwei Jahre auch in der B-Klasse. Seit 2019 führt der Weg aber wieder nach oben. Aktuell spielen wir in der A-Klasse mit klarem Ziel wieder in die Kreisoberliga (höchste Wiesbadener Spielklasse) aufzusteigen.
Seit 2016 wächst auch endlich wieder unsere Jugendabteilung und wir sind zuversichtlich, dass wir bis zu unserem Jubiläum 2028 (125 jähriges Vereinsbestehen) eine durchgehende Jugend von den Bambinis bis zur A-Jugend haben werden. Ziel ist es, dass langfristig wieder Germanen im Stadion Waldstraße spielen, die das schwarz-weiße Germania-Gen bereits seit Kindertagen in sich tragen!
Spielstätte
Als Heimstätte fand die Germania 1910 einen Platz an der Waldstraße im Westen der Stadt, fernab von den Villenviertel im Norden und Osten Wiesbadens, und ist dort noch heute ansässig. 1949 wurde das alsbald als „Samba-Hütte“ bezeichnete Vereinsheim eröffnet, das Gelände auf eine Kapazität von 9000 Zuschauern ausgebaut (1954) und das Clubhaus bis 1955 zu einer stattlichen Sport- und Kulturstätte erweitert.
Germania-Altfußballer
Harald Barkenings, Wolfgang Becht, Klaus Dankelmann, Manfred Fritz, Jürgen Janitz, Hugo Jelkmann, Dieter Jung, Werner Kaufmann, Günter Kalla, Alfred Krieger, Jürgen Malyssek, Jenö Oszvald, Josef „Jupp“ Schmidt und Rolf Ullrich